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Fairer Handel: gerechte Einkommen und noch viel mehr

28. März 2023

Stadt und Region Stuttgart haben in diesem Jahr mindestens zwei Gründe zum Feiern und darauf können alle Beteiligten stolz sein: Seit Herbst 2013 und damit seit fast zehn Jahren darf sich Stuttgart als „Fairtrade-Stadt“ bezeichnen. Und erst kürzlich, nämlich am 31. Januar 2023, erhielt der Verband Region Stuttgart die Zertifizierung zur Fairtrade-Region. Stuttgart war damals die 200. deutsche Kommune. Mittlerweile ist die Zahl auf stolze 824 angewachsen und 21 der 23 Stuttgarter Stadtbezirke tragen das Fairtrade-Siegel. Stuttgart-Degerloch und Berlin-Charlottenburg waren die deutschen Pioniere. Doch was genau bedeutet „fairtrade“? Und nützt das alles wirklich etwas?

Der faire Handel sorgt dafür, dass sich die Arbeitsbedingungen vor Ort deutlich verbessern und höhere Preise bezahlt werden.
Quelle: Fairtrade Deutschland e. V. / Anand Parmar

Die Grundpfeiler des fairen Handels sind identisch mit den drei Bereichen der Nachhaltigkeit: ökologisch, ökonomisch und sozial. Das ist nicht überraschend, denn dem fairen Handel geht es darum, dass die Bäuerinnen und Bauern im globalen Süden dauerhaft gut von ihrer Arbeit leben können und diese unter menschenwürdigen Bedingungen ausüben. Denn davon sind wir in vielen Bereichen vom Kaffeeanbau über die Textilproduktion bis zur Goldgewinnung für Schmuck noch weit entfernt. Hinzu kommt, dass weltweit 160 Millionen Mädchen und Jungen als Kinderarbeiterinnen und -arbeiter eingesetzt werden, so eine Schätzung der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und von UNICEF aus dem vergangenen Jahr. Viele davon müssen auch deshalb arbeiten, da das Einkommen ihrer Eltern zum Leben zu wenig ist. Daran können wir mit dem Kauf fairgehandelter Waren viel ändern, denn wenn Vater und/oder Mutter ausreichend verdienen, dann können die Kinder zur Schule gehen und damit eine solide Basis für ihre Zukunft legen.

Dafür sorgen die fairen Mindestpreise, die die Produzentinnen und Produzenten erhalten und die auch bei niedrigeren Weltmarktpreisen gelten. Das ist aufgrund der enormen Schwankungen sehr wichtig, denn die Preise verdoppeln oder halbieren sich teils binnen Monaten. Sollte der Weltmarktpreis zum Zeitpunkt des Verkaufs dagegen über dem Fairhandelspreis liegen, wird selbstverständlich dieser gezahlt. Allerdings sind die Mindestpreise teilweise leider auch nicht existenzsichernd. Deshalb werden Forderungen laut, dieses Problem anzugehen. Manche Importeure legen den bezahlten Preis dagegen schon heute gemeinsam mit den Produzenten-Organisationen fest und sorgen somit für existenzsichernde Einkommen. Was diese beinhalten, kann auf der Website fairtrade-deutschland.de nachgelesen werden.

Erfreulicherweise steigt der Umsatz mit Fairtrade-Produkten in Deutschland seit Jahren quasi kontinuierlich und stark an.
Quelle: https://de.statista.com/

Zum Mindestpreis hinzu kommen weitere Leistungen wie Prämien, die beispielsweise für Projekte im Bereich Gesundheitsvorsorge und Bildung investiert werden. Äußerst wichtig sind außerdem die langfristigen und direkteren Handelsbeziehungen, die der faire Handel garantiert. Und nicht zuletzt werden nationale und internationale Arbeitsschutznormen eingehalten, die Kinderarbeit verbieten, die Position der Frauen stärken und einen freien Zugang zu Gewerkschaften ermöglichen.

Mit dem Kauf fairgehandelter Ware können wir also einen großen und wichtigen Beitrag leisten, damit die Produzentinnen und Produzenten im Globalen Süden ein menschenwürdiges und besseres Leben führen können. Dieser Verantwortung scheinen sich in Deutschland erfreulicherweise immer größere Teile der Bevölkerung bewusst zu werden, denn der Umsatz mit fairgehandelten Waren steigt – mit Ausnahme des „Coronajahrs“ 2020 – seit Jahren an.

Fairer Handel ist nicht nur ein Thema des Globalen Südens: Auch die deutschen Landwirte und Landwirtinnen erhalten immer weniger Geld für ihre Arbeit.
Quelle: Bundesinformationszentrum Landwirtschaft

Mittlerweile ist dieses Problem leider auch im Norden angekommen. Wenngleich die Arbeitsbedingungen in Deutschland deutlich besser sind als auf der Südhalbkugel, können insbesondere auch unsere Landwirtinnen und Landwirte mittlerweile oftmals nicht mehr oder nur noch sehr schlecht von ihrem Einkommen leben. Denn der Anteil unserer Ausgaben für Lebensmittel, der bei ihnen ankommt, wird immer geringer. Dies zeigt die Grafik deutlich. Es ist deshalb geboten, auch hierzulande für faire Preise zu sorgen. Beim Einkaufen kann man dafür beispielsweise auf das Naturland-Fair-Siegel achten, das sich unter anderem auf Milchprodukten findet.

Mehr zu den verschiedenen Siegeln, Organisationen und Eigenmarken des Handels finden sich in diesem Artikel auf der Website des Verbraucherzentrale Bundesverbands. Die Broschüre „Stuttgart ist fair!“ kann man sich Sie sich als PDF-Datei von deren Website herunterladen.

Lust auf mehr? Hier kommen die Links zu unseren Kursen:

231-14106: Vortrag und Gespräch „Kolonialismus – immer noch Ursache für Entwicklungsschwierigkeiten?“ am 03.04.2023

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